Multiresistente Keime sind eine große Gefahr. Kranke Menschen mit solchen Erregern sind nur schwer zu behandeln. Das Robert Koch-Institut berichtete dem NDR, dass bei stichprobenartigen Untersuchungen von Gewässern antibiotika-resistente Keime gefunden worden sind.
Dabei wurden an insgesamt zwölf Stellen in Niedersachsen wurden genommen - unter anderem an Badeseen, Flüssen und Bächen mit alarmierenden Ergebnissen.
Antibiotika-Experte Dr. Tim Eckmanns vom Robert-Koch-Institut äußerte sich besorgt zu den Funden. „Die Erreger sind anscheinend in der Umwelt angekommen und das in einem Ausmaß, das mich überrascht.“[1]
Für viele Forscher eindeutig war bisher nur, dass Antibiotika-resistente Erreger in der Umwelt zu finden sind. Weitgehend unbekannt war hingegen bislang, wie stark die Gewässer in der Tat belastet sind. Bislang fanden überhaupt keine systematischen Kontrollen auf solche Erreger statt.
Wasserproben von allen Probeentnahmen wiesen multiresistente Erreger auf
Der NDR legte die entnommenen Wasserproben Forschern der Technischen Universität Dresden und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung am Universitätsklinikum Gießen vor. Alle untersuchten Proben enthielten multiresistente Erreger, auch gegen wichtige Antibiotika. Gewässerforscher Prof. Thomas Berendonk von der Technischen Universität Dresden betont, dass es zu einem großen Problem werden kann, wenn Menschen mit einem solchen Bakterium kolonisiert sind.
Die gefundenen Keime sind multiresistente gram-negative Bakterien (MRGN), die schwere Erkrankungen auslösen können für die besonders Neugeborene und ältere Menschen anfällig sind.
„Die Gefahr ist, dass sich multiresistente Keime ausbreiten und es dann auf den Menschen zurückschlägt“ [2], erklärtTim Eckmanns vom Robert-Koch-Institut.
In den Wasserproben aus Niedersachsen sind Keime nachgewiesen worden, die dem Mediziner Dr. Can Imirzalioglu vom Universitätsklinikum Gießen Sorge bereiten: „„Wir haben Erreger gefunden, die bei bestimmten Patienten durchaus schwerwiegende Infektionen verursachen können und auch schon als sehr virulente, also sehr gefährliche Erreger beschrieben worden sind.“ „Besonders kritisch sehen die Wissenschaftler Funde des sogenannten mcr-1-Gens an fünf der zwölf Probenorte. Bakterien, die solch ein Gen in sich tragen, sind resistent gegen das besonders wichtige Reserve-Antibiotikum Colistin. Das Notfallmedikament wird nur in lebensbedrohlichen Situationen eingesetzt, wenn alle anderen Antibiotika versagen.“ [3],
Woher stammen die multiresistenten Erreger?
Die Forscher gehen davon aus, dass das resistente Gen aus der Tierhaltung stammt, bei der Colistin, anders als in der Humanmedizin, häufig zum Einsatz kommt. Über die Gülle gelangen dann die Erreger auf die Felder und in das Oberflächenwasser. Zur weiteren Verbreitung der Keime tragen dann auch andere Tiere wie Vögel und Hunde bei. Die deutschen Kläranlagen sind auf das Problem bislang nicht ausgerichtet. An Stellen, an denen aufbereitetes Wasser zurück in Flüsse fließt, haben die NDR Stichproben eine besonders hohe Keimbelastung mit resistenten Keimen gefunden.
Deutsche Ministerien schieben die Verantwortung von sich
Befragungen des NDR, die an Ministerien in Deutschland gerichtet wurden, blieben erfolglos, denn das Bundesgesundheitsministerium erklärte sich für nicht zuständig mit Verweis auf das Bundesumweltministerium. Dieses verfügt über keine ausreichenden Informationen über die Verbreitung von Resistenzen im Wasser und verweist für eine kontrollierte Umsetzung an die einzelnen Bundesländer …
Tod mehrerer tausend Menschen jährlich in Deutschland durch multiresistente Keime
„Schätzungen zufolge sterben in Deutschland mehrere Tausend Menschen jährlich an Erkrankungen durch multiresistente Keime. Weltweit gelten Antibiotika-Resistenzen als eine der größten Gesundheitsgefahren und als Bedrohung für die gesamte moderne Medizin. In einem aktuellen Bericht warnen die Vereinten Nationen explizit vor den Risiken durch eine Verbreitung von resistenten Keimen in der Umwelt und fordern die Staaten auf, endlich zu handeln. In Deutschland läuft derzeit ein großes Forschungsprojekt zur Verbreitung Antibiotika-resistenter Erreger durch Abwasser, finanziert vom Bundesforschungsministerium. Ergebnisse des Projekts mit dem Namen HyReKA, an dem auch die TU Dresden beteiligt ist, liegen noch nicht vor.“ [4]
Auf der Spur der Superkeime - Gefährliche Keime in Bächen, Flüssen und Seen | Panorama - die Reporter | NDR
[1] NDR; Antibiotika-resistente Keime in Gewässern nachgewiesen, https://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/Antibiotika-resistente-Keime-in-Gewaessern-nachgewiesen,pressemeldungndr19388.html, 2018
[2] DZIF, Antibiotika-resistente Keime in Gewässern nachgewiesen, Wissenschaftler des DZIFhttp://www.dzif.de/news_mediathek/news_pressemitteilungen/ansicht/detail/artikel/antibiotika_resistente_keime_in_gewaessern_nachgewiesen/, 2018
[3] NDR; Antibiotika-resistente Keime in Gewässern nachgewiesen, https://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/Antibiotika-resistente-Keime-in-Gewaessern-nachgewiesen,pressemeldungndr19388.html, 2018
[4] NDR; Antibiotika-resistente Keime in Gewässern nachgewiesen, https://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/Antibiotika-resistente-Keime-in-Gewaessern-nachgewiesen,pressemeldungndr19388.html, 2018