Deutschlands gewaltiger Durst

Unser Land gilt als Weltmeister in Sachen Export, aber auch beim Import sind wir gut dabei. Die traurige Wahrheit dabei: Wir importieren Produkte, deren Herstellung besonders wasseraufwendig ist, aus Ländern auf der ganzen Welt, in denen Wasserarmut herrscht.

Ausbeutung trinkwasserarmer Länder?

Besonders intensiv hat sich bereits im Jahre 1995 der Geologe John Anthony Allan aus Großbritannien mit dem Thema Wasser beschäftigt. Mit Hilfe der Definition von virtuellem Wasser zeigte er auf, wieviel Wasser notwendig ist, um ein Produkt herzustellen oder eine Dienstleistung auszuführen. Für die Herstellung einer einzigen Tasse Kaffee sind beispielsweise 140 Liter Wasser notwendig. Auf wissenschaftlichem Gebiet erlangte Allans Arbeit längst zahlreiche Anerkennungen, in wirtschaftlichen und politischen Kreisen finden sie jedoch bis heute kaum Beachtung. Eine traurige Erkenntnis, zeigen doch Berichte der UN, dass allein in den Vereinten Nationen jährlich vier Millionen Menschen infolge von Erkrankungen sterben, die auf verunreinigtes Wasser zurückzuführen sind. Bis zum Jahre 2030 soll dieses Schicksal laut UN rund fünf Milliarden Menschen ereilen.
Laut Studien sind Deutsche sparsam, was den Wasserverbrauch angeht – zumindest beim offiziellen Tagesbedarf von etwa 130 Litern pro Person. Vollkommen außer Acht gelassen wird dabei aber der Verbrauch an virtuellem Wasser.  Bereits morgens verbrauchen wir beispielsweise:

  • eine Tasse Kaffee:  140 Liter
  • zwei Scheiben Brot: 80 Liter
  • mit Käse: 100 Liter
  • und einer Tomate: 13 Liter

Hochrechnungen zufolge verbraucht so ein Deutscher im Schnitt rund 4000 Liter täglich! Diese Zahlen machen deutlich, dass es an der Zeit ist, sich intensiv mit dem Thema des virtuellen Wasserverbrauchs auseinanderzusetzen.

Der Niederländer Arjen Hoekstra nutzte das Grundgerüst des virtuellen Wassers und baute darauf seinen „Water-Footprint“ auf. Damit belegt er Ströme des virtuellen Wasserhandels und verdeutlich die Import-Export-Bilanzen jedes Landes. Besonders auffällig: der große „Wasserdurst“ für die Zucht von Rindern. Für die Herstellung von 1 Kilo Rindfleisch werden in Summe 14.000 Liter Wasser benötigt. Mit dem Modell des „Water-Footprints“ wird auch deutlich, dass beispielsweise Deutschland, das reich an Wasser ist, nach USA und Japan drittgrößter Importeur von virtuellem Wasser ist. Deutschland importiert rund 125 Mrd. m³/Jahr und exportiert 65 Mrd. m³/Jahr virtuelles Wasser. Der Unterschied zwischen Ex- und Import macht deutlich, wie hoch der Durst unseres Landes nach virtuellem Wasser ist.

Wasserknappheit herrscht in zahlreichen Ländern, aus denen Deutschland Waren importiert. Ein Beispiel ist Spanien, das für seine intensive landwirtschaftliche Nutzung rund 75 % des Wasserverbrauchs aufbringt. Teilschuld trägt zum Beispiel  der wasseraufwendige Anbau von Paprika, Tomaten oder Erdbeeren. Deutschland importiert zweimal mehr Agrarprodukte aus anderen Ländern, als es selbst herstellt. Somit verlagert die Bundesrepublik den hohen virtuellen Wasserverbrauch ins Ausland.

 Sorgsamer Umgang mit Wasser?

Der WWF (World Wide Fund For Nature) sieht in Definitionen und der Arbeit zum „virtuellen Wasser“ oder „Water-Footprint“ wertvolle Mechanismen für unsere Zukunft. Derartige Instrumente ermöglichen es, den Verbrauch wertvoller Ressourcen neu zu bewerten. Mit Hochdruck wirkt der WWF daran mit, dass Unternehmen der einzelnen Länder Wasserressourcen dort einsparen, wo Wasserknappheit herrscht. Dabei werden Feld-Projekte initiiert, die sich mit der Nachhaltigkeit von Landwirtschaft und wassersparenden Anbaumethoden auseinandersetzen. Dennoch sind die Prognosen des WWF ernüchternd, denn demnach sollen bereits in der nächsten Generation etwa 50 % aller Menschen unter einem Mangel an Wasser leiden.

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